NEOS zu TTIP

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Alle Antworten der NEOS.

Frage 1: Gegenwärtig verhandelt die Europäische Kommission im Auftrag der EU Mitgliedsländer über ein Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP – Transatlantic Trade and Investment Partnership). Die Verhandlungsdokumente sind geheim, das Europäische Parlament sowie die Zivilgesellschaft sind von den Verhandlungen ausgeschlossen. Werden Sie sich, sofern Sie Abgeordnete/r des Europäischen Parlaments werden, für die Offenlegung der Verhandlungsdokumente und einen demokratischen Prozess einsetzen?

Ja. Auf jeden Fall! Transparenz ist ein Grundpfeiler unserer Politik bei NEOS. Ich fordere die Offenlegung aller Zwischenergebnisse der Verhandlungen, die aktive Einbindung der Bürger und Bürgerinnen und regelmäßige, umfassende Berichterstattung an die Öffentlichkeit und alle Mitglieder des EU-Parlaments. Die Kommission ist hier am Zug, endlich die Zivilgesellschaft, die Bürgerinnen und Bürger entsprechend zu Wort kommen zu lassen. Politik darf nicht an den Bürger_innen vorbei beschlossen werden. (Angelika Mlinar)

Frage 2: Aus dem geleakten Mandat für dieses Abkommen geht hervor, dass es rechtlich verbindliche Möglichkeiten für Konzerne geben soll, Staaten auf indirekte Enteignung zu klagen (ISDS – Investment Dispute Settlement). Auch im Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada (CETA), welches bereits fast fertig verhandelt ist, ist diese Möglichkeit vorgesehen.Wie stehen Sie dazu?

Ja, [Konzerne sollen Staaten klagen können], denn jede Privatperson, jeder Bürger und jede Bürgerin hat das Recht, einen Staat zu klagen. Auch Unternehmen. Darauf basieren unser Rechtstaat und unsere Judikatur: das ist ein Grundrecht. Entscheidend ist aber nicht die Klage, sondern das Urteil. Wenn mein Privatgrund für den Bau einer Autobahn benötigt wird, dann erwarte ich mir eine finanzielle Entschädigung. Das würde ich als Unternehmen ebenfalls erwarten, alles andere wäre Willkür und nicht rechtsstaatlich. Dennoch gehört das ISDS-System reformiert, um Missbrauch wie zum Beispiel eine Enteignungsklage aufgrund eines Mindestlohnes zu verhindern. Angenommen ich habe zum Beispiel von einem Staat Kraftwerke gekauft und dieser Staat versichert mir, dass ich diese noch die nächsten 15 Jahre lang betreiben kann, daher investiere ich Geld in die Modernisierung. Wenn mir nun 1 Jahr später derselbe Staat die Kraftwerke abdreht, dann ist das sein gutes Recht. Ein Verlangen von Schadenersatz für das im Vertrauen auf die Einhaltung der Verträge investierte Geld ist dann aber keine Untergrabung der Demokratie oder der Judikatur, sondern mein gutes Recht. (Angelika Mlinar)

Frage 3: Das Mandat sieht auch vor, dass Institutionen und Prozesse etabliert werden sollen, die eine laufende Harmonisierung und Kooperation zwischen der EU und den USA im Hinblick auf Gesetze, Standards und Regeln ermöglichen (“Regulatorische Kooperation”). Bei zukünftigen Gesetzen sollen – noch bevor diese dem Europäischen Parlament zur Diskussion vorgelegt werden – betroffene AkteurInnen vorab informiert und eingebunden werden. Bei diesen „betroffenen AkteurInnen“ handelt es sich in erster Linie um KonzernvertreterInnen. Wie bewerten Sie dieses Vorhaben?

Ja. Die Idee dahinter – die Einbindung von Betroffenen – ist gut. Entscheidend ist aber, dass alle Bürger_innen, egal ob Unternehmer, Privatpersonen, Konsumentenschützer, Umweltschützer, etc. mit eingebunden werden. Nur so kann Demokratie funktionieren. TTIP ist hier sicherlich ein Negativbeispiel, da es ein Ungleichgewicht im Interesse der Unternehmensvertreter gibt und der Prozess bei weitem nicht transparent und demokratisch genug abläuft. Generell bin ich der Meinung, dass künftige Gesetze unter Einbindung der Zivilgesellschaft auf ihre sozialen, umwelttechnischen und demographischen Folgen für die Gesellschaft überprüft werden, wie das in Deutschland teilweise schon der Fall ist. Die Entscheidungen selbst dürfen aber ausschließlich vom demokratisch legitimierten Europäischen Parlament getroffen werden. (Angelika Mlinar)

Frage 4: Die EU und die USA haben im Hinblick auf die Zulassung von gentechnisch veränderten Produkten oder chemischen Substanzen unterschiedliche Herangehensweisen. In der EU wird das Vorsorgeprinzip angewendet, das heißt: Nur wenn es gesicherte Informationen gibt, dass Substanzen oder Produkte keine schädlichen Auswirkungen auf Menschen und Umwelt haben, werden sie zugelassen. In den USA werden Substanzen und Produkte erst verboten, wenn ein Risiko bewiesen werden kann. Das Vorsorgeprinzip wird gegenwärtig zunehmend als unwissenschaftlich bezeichnet und dessen Abschaffung gefordert. Wie stehen Sie dazu?

Das Vorsorgeprinzip ist einer unserer größten Errungenschaften und Basis unserer Gesellschaft. Die USA verfolgen hier ein anderes Modell, das ist aber auch ihr gutes Recht das zu entscheiden. Wenn wir es schaffen mit TTIP globale Standards zu setzen, so werden diese zum Beispiel gerade in der Lebensmittelsicherheit auch den Bürger_innen der USA zu Gute kommen. (Angelika Mlinar)

Frage 5: Bei den TTIP-Verhandlungen geht es um die Neuverhandlung von Regeln für grenzüberschreitende Investitionen, Wettbewerbspolitik und geistiges Eigentum. Wie würden Sie Entwicklungs- und Schwellenländern gegenüber vertreten, dass für sie das neue Regelwerk der Weltwirtschaft gültig sein wird, obwohl sie nicht an dessen Formulierung und Verhandlung beteiligt waren?

Die beste Lösung wären multilaterale Vereinbarungen unter Einbindung der Entwicklungs- und Schwellenländern. Hier konnten sich die Staaten bisher leider nicht einigen. Für Importe gelten aber schon immer die nationalen Gesetze: Wer also nach Europa oder in die USA exportieren möchte, muss sich auch heute schon an die jeweiligen Regelwerke halten. Eine Vereinfachung dieser Regelwerke könnte Entwicklungs- und Schwellenländern sogar zu Gute kommen. Wenn wir an die teils katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen in manchen Entwicklungsländern denken, wäre doch ein globales Regelwerk mit hohen Sozial- und Umweltstandards in unser aller Sinne, oder? (Angelika Mlinar)

Frage 6: Vor dem Hintergrund dieser Fragen bzw. dieser Aspekte, wie sie in TTIP verhandelt werden: Werden Sie – falls Sie ins Europäische Parlament gewählt werden und TTIP zur Abstimmung kommt – diesem Abkommen zustimmen oder es ablehnen?

Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten sind fast schon zynisch. Aber die Antwort ist klar: TTIP, wie es sich derzeit darstellt, werde ich weder auf nationaler noch auf europäischer Eben unterstützen. Sollten die geäußerten Befürchtungen der Nivellierung nach unten wahr werden, wird kein Parlamentarier Europas diesem Abkommen zustimmen, ganz egal ob europäisches oder nationales Parlament. Weniger Angst, mehr Mut! Wir werden unsere Bürgerinnen und Bürger Tag für Tag weiter einbinden (uA in unseren Themengruppen, Bürgerforen, etc.) und so dafür Sorge tragen, dass jede Verhandlung im Interesse der Bürgerinnen entschieden wird. Das bestätigt auch die Unterstützung von Greenpeace in einer unserer zentralen Forderungen an TTIP/ISDS. (Angelika Mlinar)

Frage 7: Eine breite Allianz zivilgesellschaftlicher Organisationen hat ein “Alternatives Handelsmandat” für die EU-Außenhandelspolitik erarbeitet. (http://www.alternativetrademandate.org/). Unterstützen Sie dieses Alternative Handelsmandat und werden Sie sich für eine gänzliche Umorientierung der EU-Außenhandelspolitik auf der Basis dieses Vorschlags einsetzen, sofern Sie Abgeordnete/r des Europäischen Parlaments werden?

Ja. Ich unterstütze diese Idee! Ich wünsche mir einen fairen, freien Handel über Grenzen hinweg und unter Beachtung der Menschenrechte, denn internationaler Handel und wirtschaftliche Verflechtungen sichern unseren Frieden und Wohlstand. Die Ideen der Allianz für ein alternatives Handelsmandat wurden soweit ich weiß auch schon in die Diskussionen unserer Themengruppe TTIP aufgenommen. (Angelika Mlinar)

Frage 8: Wie stehen Sie zu dem weitgehend ausverhandelten Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada, das in vielen Punkten deckungsgleich mit TTIP ist? Werden Sie – falls Sie ins Europäische Parlament gewählt werden und CETA zur Abstimmung kommt – diesem Abkommen zustimmen oder es ablehnen?

Dieselben Ansprüche die ich an TTIP, stelle ich auch an CETA und alle künftigen Handelsabkommen. Die Antwort ist also dieselbe wie zu den Fragen 3 und 6: Bürger_innen einbinden, Politik transparent machen, Verhandlungsergebnisse veröffentlichen, damit diese von allen Bürgerinnen und Bürgern, von allen potenziell betroffenen Akteuren analysiert werden können. Ich werde mich auch für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung einsetzen. Auch deshalb werde ich CETA in der derzeitigen Form ablehnen. (Angelika Mlinar)